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Lisa Sulzer

Wie der Sommer war und was im Winter kommt

Während sich die Menschen in Deutschland, Belgien und Österreich vor Flutwellen in Schutz bringen mussten, fiel an anderen Orten hingegen kaum ein Tropfen Wasser und die Waldbrände liessen sich nicht zügeln. Es war kein üblicher Sommer. «Das Wetter spielt verrückt» oder richtig gesagt: Die Klimakrise wirkt sich stärker aus.


Wir haben einen verregneten und grauen Sommer hinter uns. In der Schweiz konnten wir uns grösstenteils noch über das miese Wetter beschweren, während sich die Menschen in Deutschland, Belgien und Österreich vor Flutwellen in Schutz bringen mussten. An anderen Orten hingegen fiel kaum ein Tropfen Wasser und die Waldbrände liessen sich nicht zügeln. Es war kein üblicher Sommer. «Das Wetter spielt verrückt» oder richtig gesagt: Die Klimakrise wirkt sich stärker aus.

Durch die schönen, warmen Spätsommertage sind diese Wetterextreme nun aber auch wieder etwas in Vergessenheit geraten. Viele von uns konnten die verloren geglaubten Sonnenstunden nachholen oder reisten sowieso in den Süden. Vor uns liegen in ein paar Wochen die Winterferien. Da sehen die Wünsche etwas anders aus: Man will weisse Weihnachten und vor allem viel Schnee in den Skiregionen, um die Saisonkarte voll ausnutzen zu können. Bloss: Die Lage spitzt sich zu für den Wintertourismus, denn die Schneefallgrenze steigt, und gute Pistenbedingungen sind längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Klimatische Aspekte spielen für den Tourismus eine zentrale Rolle. Die Klimakrise beeinflusst einerseits die Nachfrage, andererseits verändern sich die Bedingungen in den klassisch ausgerichteten Feriendestinationen. Erste Auswirkungen durch wärmere Temperaturen, höhere Schneefallgrenzen oder häufigere Wetterextreme schlagen sich nicht nur in der Schweiz nieder. Der Tourismus ist aber nicht nur ein Betroffener des Klimawandels, sondern auch ein wesentlicher Mitverursacher: An der zweiten Internationalen Konferenz zu Klimawandel und Tourismus im Jahr 2007 in Davos wurde in der «Davos Declaration» festgehalten, dass der globale Tourismus – wenn er im Jahr 2005 ein Land gewesen wäre – bezüglich CO2-Emissionen auf dem fünften Rang der emissionsstärksten Länder gelegen wäre. Das hat vor allem zwei Gründe: Einerseits der Flugverkehr und andererseits der Strassenverkehr. Im Kanton Glarus sind wir mit dem Tages- und Kurzzeit-Tourismus konfrontiert – man verreist viel häufiger und oft nur kurz übers Wochenende. Die Beherbergung fällt zusätzlich ins Gewicht – nebst den Verkehrsemissionen werden Treibhausgase durch die Heizenergie emittiert. Veränderungen durch den Klimawandel eröffnen aber auch Chancen. Einerseits, um die Treibhausgasemissionen wirksam zu reduzieren. Andererseits, um sich als Ferien- und Ausflugsort neu zu positionieren. Dass sich die Bedingungen ändern, ist gegeben. Die Winter werden kürzer und der Kunstschnee löst das Problem nicht, denn das wird bei wärmeren Temperaturen immer seltener überhaupt möglich sein. Schliesslich ist gerade in den Bergregionen der Temperaturanstieg doppelt so hoch wie im globalen Durchschnitt. Es ist wichtig, dass der Kanton Glarus als Tourismusdestination vermehrt in ganzjährige und nachhaltige Aktivitäten investiert, die weniger stark vom Schnee abhängen, wie z.B. Mountainbiking oder Wandern und insgesamt ein diversifizierteres Angebot. Unser Kanton hat mit seiner wunderbaren Natur so vieles zu bieten. Ein komfortabler öffentlicher Verkehr für die An- und Abreise ist unabdingbar und kann den Durchgangsverkehr auf der Strasse durch die Dörfer eindämmen. Eine weitere Möglichkeit sind im Moment auch CO2-Kompensationen. Hotels und Gasthäuser können zusätzlich einen Beitrag dadurch leisten, dass Ressourcen geschont werden – im Lebensmittelbereich durch vorausschauende Planung, mit einem ausgeklügelten Recyclingsystem und dem Umstieg auf erneuerbare Energien. Das Rad muss nicht neu erfunden werden. Ideen und Technologien für einen nachhaltigen Tourismus existieren bereits und warten nur darauf, umgesetzt zu werden. Der Kanton Glarus könnte sich in puncto Nachhaltigkeit mit seinem touristischen Portfolio neu positionieren. Am besten schon in diesem Winter. Autorin: Lisa Sulzer, Vorstandsmitglied von KlimaGlarus.ch Dieser Beitrag ist am 8. November in den Südostschweiz Glarner Nachrichten in der Rubrik dem Klima zuliebe erschienen. Vielen Dank.

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