Heute feiert der Öko-Rappen der Gemeinde Glarus seinen dritten Geburtstag. Der Gemeinderat hat entschieden den Öko-Rappen nächstes Jahr ganz auszusetzen. Das nimmt sich der Verein KlimaGlarus.ch zum Anlass, folgenden offenen Brief an den Gemeinderat Glarus zu schreiben:
Glarus, 29. November 2022
Konzessionsabgabe der tb.glarus und Energiefonds der Gemeinde Glarus
Sehr geehrter Gemeinderat Glarus
Im Zusammenhang mit der Energiekrise haben Sie entschieden, den Öko-Rappen für das Jahr 2023 ganz zu streichen. Dadurch werden nur drei Jahre nach dem demokratisch gefällten Entscheid über seine Einführung die Einnahmen für den Energiefonds bereits ein zweites Mal geschmälert. Dies als Zeichen der Solidarität und Unterstützung für Wirtschaft und Bevölkerung angesichts der gestiegenen Energiepreise zu bezeichnen, ist für uns unverständlich. Wir erläutern Ihnen gerne die Gründe dafür.
Bedingung zum Beitrag an eine nachhaltige Gemeinde
Ein Aussetzen des Öko-Rappens nutzt Privatpersonen und kleineren Firmen nur sehr wenig. Die grössten Nutzniesser des Entscheids sind (erneut) die grossen privatwirtschaftlichen Energieverbraucher. Sie profitierten während Jahren von tiefen Preisen auf dem freien Strommarkt und machten ihre energetischen Hausaufgaben nicht. Umgekehrt fehlen der Gemeinde die Einnahmen von 2023 später, um energetische Massnahmen im Auftrag der Öffentlichkeit umsetzen zu können. Falls alle Budgetpositionen 2023 mit Entnahmen aus dem Energiefonds realisiert werden, ist der Energiefonds im kommenden Jahr nahezu leer. Es ist also zumindest notwendig, Ihren Entscheid an die Bedingung für die am meisten profitierenden Betriebe zu knüpfen, verbindlich festgelegte Investitionen in energetische Massnahmen zu tätigen. Das Geld für diesen konkreten Beitrag dieser Unternehmen an eine nachhaltige Gemeinde liegt in den Reserven, welche diese u.a. dank tiefer Strompreise bilden konnten. Ausserdem liegt es in zahlreichen Fördertöpfen, von denen wir einige bereits in unserer Pressemitteilung vom 6. Juni 2020 vorstellten.
Vermeintlicher Akt der Solidarität
Sie stellen die Solidarität ins Zentrum Ihres Entscheids. Die Gemeinde wolle angesichts der gestiegenen Energiepreise einen Beitrag zur Entlastung der Wirtschaft und Bevölkerung leisten. Darin sehen wir nichts anderes, als dem Druck eines vermutlich kleinen Kreises zu erliegen, statt einen demokratischen Entscheid umzusetzen. Dabei sind energetische Massnahmen und Investitionen in erneuerbare Energien genau das, was Menschen und Unternehmen in Gemeinden, Kantonen und Ländern brauchen. Dadurch stossen sie nicht nur weniger Treibhausgase aus, sie machen sich auch unabhängig von autoritären Regimes als schlussendlich teure Energielieferanten. Jetzt unter dem Vorwand der Solidarität Mittel für die Energiewende zu verhindern, ist weder ökonomisch, ökologisch noch sozial nachhaltig. Gegenwärtig sind langfristige Investitionen in die Energiesicherheit zu tätigen, statt Symbolpolitik zu betreiben.
Trinkgeld für die Bevölkerung
Wenn die Öko-Abgabe den Maximalwert von einem Rappen pro Kilowattstunde beträgt, macht das für einen durchschnittlichen Haushalt 45 Franken im Jahr aus. Bei einem Gewerbebetrieb, z.B. einer Schreinerei mit zehn Mitarbeitenden und einem Verbrauch von 60'000 Kilowattstunden Strom, sind es rund 600 Franken im Jahr. So sammelt die Bevölkerung gemeinsam mit den Betrieben in einem Jahr eine Million Franken. Das Aussetzen ist bestenfalls ein Trinkgeld: Bei den Haushalten macht das pro Kopf im Monat 1.25 Franken aus, die nach dem Giesskannenprinzip zurück an alle gehen, anstatt an wirklich Bedürftige. Profitieren tun dabei nur die Grossverbraucher, die seit Jahren und im Gegensatz zu den normalen Bürgerinnen und Bürgern von tieferen Preisen profitieren. Solidarisch hört sich anders an.
Verpasste Lösungsmöglichkeiten
Nicht nur aus unserer Sicht macht es während der Energiekrise keinen Sinn, ausgerechnet die Instrumente zur Förderung erneuerbarer Energie zu schmälern und sogar ganz auszusetzen. Ausserdem wird mit dem Aussetzen zwar Geld, aber noch lange keine Energie gespart. Es ist heute auch nicht klar, ob sich die Strompreise 2024 erholen. Nicht zuletzt deshalb braucht es jetzt grundsätzliche und langfristige Lösungen und Haltungen, die nicht bei jeder Gelegenheit angreifbar sind. Wir sind gerne bereit, Lösungsmöglichkeiten mit Ihnen zu diskutieren und Sie im Hinblick auf künftige, auch ähnlich gelagerte Entscheide mit unserer Expertise zu begleiten.
Freundliche Grüsse
Vorstand KlimaGlarus.ch
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